ME/CFS ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die das Leben der Betroffenen drastisch einschränkt. Sie betrifft weltweit etwa 17 Millionen Menschen. Die WHO stuft ME/CFS seit 1969 als neurologische Erkrankung ein. Seit der COVID-19-Pandemie steigen die Fallzahlen deutlich an: Allein 2023 wurde bei über 600.000 Betroffenen in Deutschland ME/CFS diagnostiziert.

ME/CFS ist keine einfache Erschöpfung. Die Erkrankung ist nicht mit der üblichen Fatigue vieler chronischer Leiden zu verwechseln, sondern ein eigenständiges, komplexes Krankheitsbild. Betroffene erleben eine lähmende körperliche Schwäche, gepaart mit Störungen des Nerven-, Immun- und Herz-Kreislauf-Systems. Die Symptome reichen von Konzentrationsproblemen („Brain Fog“) bis hin zu Schmerzen, Schlafstörungen und extremer Reizempfindlichkeit.

Das Kernsymptom von ME/CFS ist die Post-Exertionelle Malaise (PEM) – eine massive Verschlechterung des Zustands nach kleinster körperlicher oder geistiger Anstrengung: Der sogenannte Crash, ein Zustand völliger Erschöpfung, begleitet von schwerstem Krankheitsgefühl.
Schon alltägliche Tätigkeiten wie Zähneputzen, Duschen oder wenige Schritte können die Erkrankten zu tagelanger Bettruhe zwingen.
Schwerstbetroffene sind dauerhaft bettlägerig, können kaum sprechen, nicht lesen, nicht sitzen, nicht stehen – ihr Alltag spielt sich oft in abgedunkelten Räumen ab.

Neben der PEM treten eine Vielzahl weiterer Symptome auf: Herzrasen, Schwindel, Blutdruckschwankungen (Orthostatische Intoleranz), grippeähnliches Krankheitsgefühl, Halsschmerzen, Infektanfälligkeit, geschwollene Lymphknoten sowie starke Muskel- und Gelenkschmerzen. Viele Patient:Innen leiden unter massiven kognitiven Einschränkungen und Reizüberempfindlichkeit. Die Lebensqualität ist häufig niedriger als bei Schlaganfall-, Krebs- oder MS-Patient:Innen.

– Carmen Scheibenbogen, Professorin für Immunologie, Charité

ME/CFS tritt oft nach Infektionskrankheiten auf, etwa nach dem Epstein-Barr-Virus, Influenza oder COVID-19. Die genauen Krankheitsmechanismen sind bis heute nicht vollständig geklärt. Hinweise deuten auf Autoimmunprozesse und eine Störung des Energiestoffwechsels hin. Ein eindeutiger Biomarker fehlt bislang, ebenso wie eine zugelassene Therapie. Die Forschung ist unterfinanziert – und der Leidensdruck enorm.
Trotz der überwältigenden Zahl an Erkrankten lässt ME/CFS die Pharmaindustrie kalt.
Eine Therapie für die seit Jahren, teils seit Jahrzehnten Erkrankten? Nicht in Sicht. Medikamentenstudien? Fehlanzeige.
